Die Rezession erreicht den gehobenen Konsum

PaD 21 /2023 – Hier auch als PDF verfügbar: Pad 21 2023 Die Rezession erreicht

Es sind ja nur 0,3 Prozent! Nur 0,3 Prozent, um die die deutsche Wirschaft im ersten Quartal 2023 geschrumpft ist. Das ist doch viel besser als im vierten Quartal 22, da waren es noch 0,5 Prozent.

Die Art, die Zahlen darzustellen, ob bei den Veränderungen des BIP oder bei den Veränderungen der Inflation ist zumindest missverständlich, denn das BIP ist eben seit Ende September 2022 um 0,8 Prozent geschrumpft. Setzt man bei der Inflation den Preisstand Ende 2020 als Basis, dann waren die Preise Ende 2021 um 3,1 Prozent gestiegen, Ende 2022 waren es bereits 10,2 Prozent und Ende Mai 2023 lagen die Preise um 16,2 Prozent höher als vor 2 Jahren und 5 Monaten.

Aktuell heißt es allerdings, die Inflation sei gesunken, und zwar auf 6,1 Prozent. Die Inflation ist aber nicht gesunken, sie ist lediglich weniger steil angestiegen.

Ich will jetzt nicht schon wieder ausführlich auf meiner These herumreiten, dass es sich nicht um klassische Inflation handelt, die von einer Aufblähung der Geldmenge ausgegangen wäre, sondern um eine Teuerung wegen knappheitsbedingter Preissteigerungen, und dass diese Preissteigerungen zum größten Teil als Sondergewinne auf die Konten ausländischer Öl und Gasförderländer abgeflossen sind.

Ich kann aber nicht darauf verzichten, darauf hinzuweisen, dass die Inflation jetzt erst kommt, weil der Versuch, über Löhne und Gehälter den Inflationsausgleich herzustellen, nun tatsächlich die Geldmenge aufbläht, ohne dass dieser ein Mehr an Wirtschaftsleistung gegenüberstünde. Im Gegenteil.  Die Wirtschaftsleistung sinkt parallel zu Teuerung und Inflation weiter.

Die Folgen sind inzwischen nicht mehr nur daran zu erkennen, dass den Lebensmitteldiscountern die Kunden fernbleiben, weil sie versuchen, einen Teil ihres Bedarfes bei den Tafeln zu decken, nicht nur daran, dass Billigst-Modeketten überleben, weil im etwas höherpreisigen Segment ein nie gekanntes, rapides Filialsterben stattfindet, die Kaufkraft vernichtende Inflation hat inzwischen auch das Segment des gehobenen Konsums erreicht. 

Den Beweis dazu liefert meine Statistik der Arbeitsplatzvernichtung in Deutschland. Hier die entsprechenden Einträge seit Januar 2023:

A.W. Niemeyer, Hamburg, Segler-Ausrüster, hat Insolvenz angemeldet, 115 Mitarbeiter sind in D, CH und A betroffen

Truma, Putzbrunn, Wohnmobilausstatter,  baut 10% der Belegschaft ab

Dr. Engelmann, Zwickau, Biobrotbäckerei, hat Insolvenz angemeldet

Tier Mobility, Berlin, E-Roller-Verleiher, entlässt 80 Mitarbeiter und bei der frisch aufgekauften Tochter Spin weitere 20

Media Markt / Saturn, Ingolstadt, Elektronik-Ketten, nach der Zusammenlegung wird mit weiterern Filialschließungen gerechnet – dies als Vorwarung. Im letzten Jahr wurden bereits 13 Filialen mit 1.000 Beschäftigten geschlossen – die sind hier noch nicht erfasst.

Wagner + Kühner, Bad Kreuznach, Brillenfassungen, hat Insolvenz angemeldet

Yababa, Berlin, Lebensmittellieferdienst, hat Insolvenz angemeldet

Escher, Winnenden, Reformhaus, wird geschlossen

Bertelsmann →RTL→Gruner+Jahr, Mutter und Großmutter haben beschlossen, 23 Print-Titel bei G+J sterben zu lassen. Das kosten 700 Jobs

Bertelsmann →RTL, auch bei RTL selbst sollen 300 frei werdende Stellen nicht ersetzt werden.

Rilling, Stuttgart, Sektkellerei, stellt nach 135 Jahren den Betrieb ein

Chrono, Karlsruhe, Luxus-Uhren-Portal, hat sich von 65 Mitarbeitern getrennt

Einmachglas, Offenburg, Unverpacktladen, und wieder macht ein Unverpacktladen dicht. Die Geschäftsidee scheint nicht krisenfest zu sein

Bleialfer Schreinerwerkstätten, Bleialf, Schreinerei, hat Insolvenz beantragt

F+S, Weidhausen, Polstermöbelfabrik, hat Insolvenz angemeldet

Chocri, Berlin, individualisierte Schokolade, stellt den Betrieb ein.

Paul Valentin, Mannheim, Schmuck, hat Insolvenz beantragt

Clever Fit, Höxter, Sportstudio, hat Insolvenz angemeldet

Adidas rechnet mit Umsatzeinbruch um 2Mrd Euro in 2023, Pou Chen, Taiwan, weltgrößter Auftragsfertiger von Sportschuhen, streicht (daher) in seinen Fabriken in Vietnam 6000 Stellen.

Hosen Gerke, Schönhagen, Maßschneiderei, das Geschäft wird aufgegeben

JLL, Deutschland, Immobiliendienstleister, baut in  D 50 Stellen ab

Naughty Nuts, Köln, Nussmushersteller, ist insolvent

Impressionen, Hamburg, Versandhandel, der Klingel-Ableger wird aufgelöst.

Mytoys.de, Hamburg, Spielwarenhandel, die Otto-Group macht ihren Spielwarenladen dicht

Aptar, Wickede, Sprühsysteme für Kosmetik, baut 41 von 350 Stellen ab

Davinci Haus, Elben, Fertighäuser, hat Insolvenz beatragt. Schwer abzuschätzen, wie viele Mitarbeiter betroffen sind. Ich schätze: Je 5 Vertrieb, Konstruktion, Verwaltung, 10 Vorfertigung im Werk, 15 Montage

Shoepassion, Berlin, Schuhhändler, hat für Filialen und den Online-Vertrieb Insolvenz angemeldet

Galeria Kaufhof, Essen, Warenhauskonzern, die jetzt verkündete Schließung von 52 Filialen war schon kurz vor Weihnachten 2022 abzusehen und wurde hier notiert.

Moonfare, Berlin, Geldanlage, wie erst jetzt bekannt, wurden Ende letzten Jahres 21 Mitarbeiter entlassen

Bio-Lutions, Winterhude, Geschirr aus Pflanzen, ist insolvent

Alpakas, Berlin, Unverpackt-Lieferdienst, hat Insolvenz  beantragt

Reno, Hameln?, Schuhhandelskette, ist insolvent.
180 Filialen und der Online-Shop waren erst kürzlich an einen Investor verkauft worden.

Genussmanufaktur, Villingen-Schwenningen, Gastronomie, hat Insolvenz beantragt

Woerner, Leingarten, Deko-Artikel, hat Insolvenz beantragt

Franke, Bad Säckingen, Edelstahlspülen, die Produktion wird stillgelegt

Adelshof, Schwäbisch Hall, Hotel, das Insolvenzverfahren ist eröffnet

Acqua Klinik, Leipzig, HNO + Beauty, eine obskure Geschichte um Kunstfehler und Investoren-Schliche endet mit der Insolvenz

HR Group, Osnabrück,  Schuhhandelsgruppe, nach der Reno-Insolvenz ist jetzt auch der Mutterkonzern pleite

Brands4Friends, Berlin, ONline-Shopping-Club, stellt den Betrieb ein

Advanced Sports, Mutlangen, Fahrradhandel, Insolvenzverfahren ist eröffnet

Gerry Weber, Mode, will das dt. Filialnetz per Insolvenz ausdünnen.

Erb, Fellbach, Parfümerie, der Räumungsverkauf läuft in der letzten von vier Filialen

Flink, Berlin, Expresslieferdienst, hat „still und leise“ die Belegschaft um 40 Prozent reduziert

Ahlers, Herford, Mode, für die Ahlers AG und einige Tochtergesellschaften wurde Insolvenz beantragt

Zapata, Würzburg, Mode, der Geschäftsbetrieb wird endgültig eingestellt

Who’s perfekt?, München, Designer-Möbel mit Macken, hat  für seine 14 Geschäfte Insolvenz angemeldet

Dankwardt, Lübtheen, Kosmetik, hat Insolvenz angemeldet

Toms, DK, Süßwaren, lässt Hachez und Feodora nicht mehr über das Hanseatische Chocoladen Kontor in Bremen vermarkten

Aquadrom, Müritz, Freizeitsbad, wird geschlossen

Der Schneider, Dortmund, Gourmetrestaurant, ist dicht.

Peek & Cloppenburg, Düsseldorf, Mode, in der Düsseldorfer Zentrale werden 350 Stellen gestrichen

Willi Schillig, Ebersdorf, Polstermöbel, hat Insolvenz beantragt

Schlemmermeyer, München, Feinkostkette, hat Insolvenz beantragt

Hallhuber, München, Modekette, hat Insolvenz angemeldet

Zaubergarten, Ahlhorn / Diepholz / Wagenfeld, Blumenläden, die Kette ist insolvent

Tastillery, Hamburg, Spirituosen,  ist pleite

Taxfix, Berlin, Steuererklärungs-App, baut 120 Stellen ab

Hofpfisterei, München, Qualitätsbackwaren, schließt Filialen wegen Personalmangel – und wegen Umsatzeinbußen, Filial-Personal soll intern versetzt werden, um die Öffnungszeiten der verbleibenden einhalten zu können. Betriebswirtschaftlich dürfte das ein Desaster werden.

Gerade in den jüngsten Einträgen finden sich echte „Institutionen“.

Hallhuber, Schlemmermeyer und die Hofpfisterei sind aus München im Grunde nicht wegzudenken. Willi Schillig, hochwertige Polstermöbel, noch in Deutschland gefertigt, schien lange vollkommen unsinkbar, auch die vermeintlichen Schnäppchen aus den Who’s perfekt Läden, waren lange Zeit begehrt. Die Hamburger Tastillery verkaufte hochwertige Spirituosen an betuchte Hanseaten. Sie alle stehen nun, wie der Hamburger Segler-Ausrüster Niemeyer, am Abgrund oder sind schon einen Schritt weiter.

Der so genannte „Mittelstand“ dünnt sich aus und lässt dies durch verändertes Kaufverhalten erkennen. Die Wohlstandspyramide gerät ins Rutschen.

Ganz unten übernehmen die Tafeln einen Teil des Geschäfts von Aldi, Lidl, Penny, etc.

Edeka und Rewe Kunden finden sich vermehrt bei Aldi und Lidl wieder.

Feinkost- und Reformhauskunden beginnen damit, sich in den Regalreihen von Edeka und Rewe zurechtzufinden.

Gleiches vollzieht sich auch im gesamten Non-Food-Bereich. Wobei im Bereich der langlebigen Konsumgüter nicht nur eine Verlagerung innerhalb der Preissegmente stattfindet, sondern vermehrt Konsumverzicht zu beobachten ist. Es  sind nicht mehr die Mode oder die neueste Version, die den Ausschlag für den Kauf geben, sondern das Ende der Lebensdauer der bereits besessenen Produkte.

Ein Teil des veränderten Konsumverhaltens ist dabei nicht auf akuten Geldmangel zurückzuführen, sondern auf eine, auf schlechtere Zeiten gerichtete Sparsamkeit, zumal die Sicherheit der Einkommen in der gesamtwirtschaflich negativen Lage mehr und mehr in Zweifel gezogen werden muss.

Im Bundeswirtschaftsministerium, das vom Ministerium immer mehr zum Mysterium mutiert, scheint diese Entwicklung nicht wahr, oder falls doch, nicht ernst genommen zu werden. Im Gebäudeenergiegesetz und dem Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung werden massive Ansprüche des Staates an den Wohlstand seiner sowieso schon stark belasteten Bürger gestellt, die in ihrer Wirkung schlimmer sind als das Glühlampenverbot der EU oder die deutsche Abwrackprämie für noch voll funktionsfähige PKWs, denn hier gab es, auf dem Umweg über die Energiesparlampen bald die bessere LED-Beleuchtung, bzw. die Möglichkeit, preiswert an ein jüngeres Auto zu kommen.

Die gesamte Energiewende läuft jedoch darauf hinaus, dass die sichere und zuverlässige, und dabei noch einigermaßen preiswerte, bestehende Technologie der Energieversorgung durch eine unsichere, unzuverlässige und deutlich teurere Technologie auf Kosten der Bürger ersetzt  werden muss. Darin ist kein Vorteil zu erkennen, wohl aber Nachteile, was sich klar als die einzige Ursache für die Notwendigkeit gesetzlicher Zwangsvorschriften benennen lässt.

Wäre ein Nutzen, ein wirtschaftlicher Vorteil zu erkennen, die neue Technologie hätte sich, ganz ohne Subventionen, ohne Einspeisevergütungen und vor allem ohne Zwangsmaßnahmen durchgesetzt. So ist der Mensch nun einmal. Er sucht seinen Nutzen – und nimmt ihn wahr, wo er ihn findet.

Ausgekochten Werbefritzen gelingt es zwar immer wieder, einen Nutzen zu versprechen, wo keiner ist, und damit Umsätze für ihre Auftraggeber zu generieren, doch wo der Unterschied zwischen Schein und Sein zu groß ist, wenden sich die geprellten Konsumenten auch schnell wieder ab.

Glücklicherweise vergrößert sich mit jedem Tag, den Deutschland unter der Ampel zubringen muss, zwangsläufig die Zahl derjenigen, die sich geprellt fühlen. Dass die Grünen in der jüngsten INSA-Umfrage vom 31. Mai bundesweit nur noch auf 13 Prozent kommen, dass die Ampel-Parteien zusammen mit 42 Prozent deutlich hinter einer theoretisch denkbaren Koalition aus Union und AfD, die auf 46 Prozent käme, zurückliegen, sind deutliche Indizien dafür, dass sich das Volk statt der Energiewende dringend eine Politikwende wünscht.

Sollte es der Ampel gelingen, die volle Legislaturperiode durchzuhalten, würde es mich nicht wundern, wenn die Grünen bei den nächsten Wahlen an der 5-Prozent-Hürde scheitern.